Ein Schritt in die richtige Richtung – aber kein Befreiungsschlag
Mit der am 1. Oktober vom Bundeskabinett verabschiedeten Modernisierungsagenda will die Bundesregierung Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft auf Zukunftskurs bringen. Besonders im Fokus: Bürokratieabbau, Digitalisierung und beschleunigte Genehmigungsverfahren. Für das Handwerk sind das zentrale Hebel, um die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands zu sichern.
„Die Agenda setzt an den richtigen Stellschrauben an“, betont Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). „Schnellere Verfahren, weniger bürokratische Lasten und eine digital funktionierende Verwaltung sind essenziell, damit Betriebe investieren, ausbilden und wachsen können.“ Besonders begrüßt Dittrich den Plan, Unternehmensgründungen zu vereinfachen, Fachkräfteprozesse zu beschleunigen und mit einem zentralen Bürokratiemeldeportal Rückmeldungen aus der Praxis einzubinden.
Viele gute Ansätze – aber zu wenig Tempo
So positiv die Richtung auch sei – aus Sicht des Handwerks fehlt es der Modernisierungsagenda vor allem an konkretem Umsetzungswillen. „Die Agenda enthält viele richtige Absichten, aber sie bleibt im Modus der Ankündigungen stecken“, kritisiert Dittrich. „Entscheidend ist jetzt, dass die Umsetzung zügig erfolgt und die Betriebe die versprochenen Entlastungen im Alltag tatsächlich spüren.“
Gerade kleine und mittlere Betriebe leiden unter der wachsenden Regulierungsflut: komplizierte Nachweispflichten, immer neue Meldeportale und ein kaum noch durchschaubares Steuer- und Arbeitsrecht. „Das Handwerk braucht kein weiteres Papier mit Absichtserklärungen, sondern einen echten Bürokratieabbau, der die Arbeit spürbar erleichtert.“
Handwerk fordert umfassende Reformagenda
Für Dittrich steht fest: Die Modernisierungsagenda kann nur der Auftakt sein – nicht das Ziel. „Sie ist kein Befreiungsschlag, sondern ein überfälliger Anfang“, so der ZDH-Präsident. „Der Reformstau in Deutschland ist tief, und der politische Handlungsdruck bleibt enorm hoch.“
Besonders in der Sozialpolitik und im Energiebereich sieht das Handwerk dringenden Nachholbedarf. „Die seit Jahren steigenden Sozialabgaben belasten Arbeit immer stärker – das schwächt Beschäftigung und Innovationskraft. Und eine verlässliche, mittelstandsverträgliche Energiepreispolitik bleibt weiterhin aus.“ Diese Themen, so Dittrich, seien nicht nur technische Detailfragen, sondern entscheidend für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Investitionen in die Zukunft statt in Konsum
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt betrifft die Finanzierung der Modernisierungsagenda. Das Handwerk fordert, dass die Bundesregierung die milliardenschweren Mittel aus dem sogenannten Sondervermögen verantwortungsvoll einsetzt. „Es darf nicht sein, dass diese Gelder als Verschiebebahnhof für konsumtive Ausgaben genutzt werden“, warnt Dittrich. „Die Regierung muss sicherstellen, dass jeder Euro tatsächlich in die Zukunft investiert wird – in Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung, bezahlbare Energieversorgung und den Umbau staatlicher Strukturen.“
Ein solider Finanzkurs sei Grundvoraussetzung dafür, dass die Modernisierungsagenda nicht zur Schuldenfalle für kommende Generationen werde. „Wer Zukunft gestalten will, darf nicht nur über Innovation sprechen – er muss sie auch finanzieren.“
Bürokratieabbau darf kein Lippenbekenntnis bleiben
Die Betriebe erwarten jetzt konkrete Fortschritte – und zwar schnell. „Was wir brauchen, sind sichtbare Ergebnisse, keine weiteren Gremien, Pilotprojekte oder Prüfaufträge“, betont Dittrich. Die digitale Verwaltung müsse endlich im Alltag funktionieren, Genehmigungen in Wochen statt Monaten erteilt werden, und neue Verordnungen dürften nur dann beschlossen werden, wenn alte gestrichen werden.
„Das Handwerk braucht Luft zum Atmen – keine neuen bürokratischen Fesseln und keine weiteren Belastungen“, fordert der ZDH-Präsident. „Die Modernisierungsagenda kann der Startpunkt für eine Trendwende sein. Aber nur, wenn ihr sehr schnell die nächsten Schritte folgen und die Politik zeigt, dass sie den Ernst der Lage erkannt hat.“
Fazit: Ohne echten Reformwillen droht Deutschland der Stillstand
Für das Handwerk ist klar: Nur eine konsequente Umsetzung der angekündigten Maßnahmen kann verhindern, dass Deutschland weiter an Dynamik verliert. „Unser Land hat enormes Potenzial – aber es fehlt an Tempo, Mut und Konsequenz“, fasst Dittrich zusammen. „Die Modernisierungsagenda darf kein Symbolpapier bleiben. Sie muss der Beginn einer echten Reformagenda werden, die Bürokratie abbaut, Kosten senkt und die Betriebe stärkt. Das ist die Voraussetzung, damit Deutschland wirtschaftlich wieder auf Kurs kommt.“











