Die Herbstprognose 2025 der Bundesregierung zeigt zwar für die Jahre 2026 und 2027 ein leichtes Wachstum, doch Euphorie ist fehl am Platz. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), warnt: „Auch diese Prognose zeigt klar, dass der Reformbedarf enorm bleibt und der Handlungsdruck für die Bundesregierung unübersehbar ist.“ Der private Investitionsmotor stottert weiter, viele Betriebe blicken mit Sorge in die Zukunft. Trotz statistischer Lichtblicke ist die wirtschaftliche Realität in den Werkstätten und Betrieben ernüchternd.
Wachstum auf wackligem Fundament
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben es in der vergangenen Woche deutlich gemacht: Ohne tiefgreifende und strukturstärkende Reformen wird es keinen nachhaltigen Aufschwung geben. Die derzeit prognostizierten Wachstumszahlen beruhen fast ausschließlich auf staatlicher Nachfrage – finanziert durch steigende Ausgaben und neue Schulden. Dittrich warnt: „Ein echter Aufschwung kann nicht auf staatlichem Geld beruhen. Er muss aus der Wirtschaft selbst entstehen, aus den Betrieben, die Tag für Tag Werte schaffen.“ Doch von einem solchen selbsttragenden Impuls ist Deutschland aktuell weit entfernt.
Handwerksbetriebe brauchen Luft zum Atmen
Die über eine Million Handwerksbetriebe in Deutschland, meist kleine und mittlere Unternehmen, stehen unter Druck. Sie benötigen endlich konkrete Entlastungen, die spürbar in ihrem Alltag ankommen – weniger Bürokratie, mehr Planungssicherheit, verlässliche Energiepreise und ein wettbewerbsfähiges Steuersystem. Dittrich fordert: „Es reicht nicht, einzelne Stellschrauben zu drehen. Wir brauchen eine umfassende Reformagenda – von Energie über Steuerpolitik bis zur Sozialpolitik.“ Nur mit verlässlichen Rahmenbedingungen können Betriebe investieren, wachsen und ausbilden.
Der Sozialstaat muss wieder aktivierend wirken
Besonders kritisch sieht der ZDH-Präsident die wachsenden konsumtiven Ausgaben im Staatshaushalt. „Jeder Euro, der ausgegeben wird, muss Zukunft schaffen, nicht nur kurzfristig beruhigen“, so Dittrich. Ein Sozialstaat, der falsche Anreize setzt, trage nicht zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts bei. Stattdessen müsse er Menschen motivieren, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv am Arbeitsleben zu beteiligen. Die Balance zwischen sozialer Absicherung und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit müsse wiederhergestellt werden.
Wirtschaftliche Stärke sichert demokratische Stabilität
Für Dittrich ist die Kritik an der aktuellen Wirtschaftspolitik kein Selbstzweck: „Wir sehen mit Sorge, dass sich in vielen Regionen gerade die Leistungsträger nicht mehr gehört fühlen.“ Immer öfter entstehe das Gefühl, dass sich Anstrengung nicht mehr lohnt und Unternehmertum unter Generalverdacht steht. Das sei gefährlich – wirtschaftlich und politisch. Das Handwerk mit seinen 5,6 Millionen Beschäftigten sei nicht nur Rückgrat der mittelständischen Wirtschaft, sondern auch Stabilitätsanker der Demokratie. Wenn die Sorgen der arbeitenden Mitte übergangen werden, wachse der Frust – und mit ihm die Distanz zu den demokratischen Institutionen.
Jetzt handeln – für Wachstum, Zukunft und Vertrauen
Die Botschaft des Handwerks ist eindeutig: Wer heute Milliarden an neuen Schulden aufnimmt, muss Verantwortung für morgen übernehmen. Jeder investierte Euro muss Wertschöpfung fördern, Innovation ermöglichen und den Standort stärken. „Konsumtive Ausgaben sind kein Ersatz für Reformen“, betont Dittrich. „Wir brauchen wirtschaftspolitische Prioritäten zugunsten der Betriebe. Denn: Geht es dem Handwerk gut, geht es dem Land gut.“












